Konstantin Wecker´s musikalische Retrosperspektive in Michelstadt
Michelstadt. Am Samstag, 28.08.21 fand im Rahmen der Spielplatz-der-Kulturen und sound-of-the-forest e.V. veranstalteten Sommerkonzerte das Konstantin Wecker Trio auf dem ehemaligen Gelände des Ponyhofs (große Bühne im hinteren Bereich des weitläufigen Areals) statt. Ungefähr 400 Personen hatten sich per App avisiert, tatsächlich lag die Anzahl der Besucher aber darunter. Mit von der musikalischen Partie waren die elegante Cellistin Fanny Kammerlander sowie der Pianist Jo Barnikel.
Zu Beginn präsentierte Fritz Krings, 1. Vorsitzender des Vereins sound-of-the-forest voller Stolz den im Publikum bereits erwartenden Liedermacher Konstantin Wecker.
Konstantin Wecker ist ein deutschsprachiger Liedermacher, der in den vergangenen Jahrzehnten seines Schaffens als deutschsprachiger Musiker und Künstler als Gegengewicht zur damaligen Mainstream Popkultur bereits in den 70er und 80er Jahren auf der Bühne stets in seiner Heimatsprache seine Kompositionen auf deutsch interpretierte. Und das ist bis heute so geblieben.Mit den Worten:
Ich danke Euch für Euren warmen Empfang
begann der mittlerweile 74-Jährige seine musikalische Retrosperspektive mit dem bereits ´77 komponierten Lied „Willy“ mit aktuellen Bezügen zum Attentat in Hanau.
Sein Konzert wechselte dabei ständig zwischen Bezügen von ihm besonders geschätzter humanistischer Schriftsteller wie Georg Kreisler (1922 bis 2011) und Oscar Wilde (1854 bis 1900) und seinen eigenen, noch sehr präsenten Kindheitserinnerungen mit seinen humanistisch eingestellten Eltern. Die ihn nach eigenen Angaben auch entsprechend im Laufe seines Lebens weiterhin geprägt haben.
Beeindruckend war dabei eine eingespielte alte Original-Tonbandaufnahme aus seiner frühen Jugend aus dem Jahr 1959, als er zusammen mit seinem von ihm sehr bewunderten Vater, der als Tenor mit seinem musikalischen Talent die internationalen Opernbühnen hätte erobern können, wenn er nicht vor Auftritten vor Publikum zurückgescheut wäre und mit sich selbst als 12Jährigen.
Auf der Tonbandnaufnahme konnte das erwartungsvolle Publikum am Samstag abend sowohl die beachtliche Tenorstimme seines verstorbenen Vaters als auch seine noch vor dem Stimmbruch glockenhellen Sopranstimme lauschen. Ab da hatte Konstantin Wecker „sein Publikum“ mit seiner unbestreitbaren charismatischen Ausstrahlung „voll im Griff“.
Seine Bühnen-Performance, eine Mischung aus Literatur und Musik wechselte dabei immer zwischen lockeren Erzählungen aus seiner Jugendzeit, die er nach eigenen Bekunden auch mal in
„seinem Heimatgefängnis Stadelheim“
verbrachte und er zögerte auch nicht dabei, die Bühne zu nutzen, um seine ganz persönlichen politischen Meinungen kundzutun. Er kokettierte dabei mit seinem Publikum, welches nicht nur aus dem näheren Umkreis angereist war, sondern auch aus den umliegenden Kreisen Darmstadt, Miltenberg, Heidelberg, Aschaffenburg uvm. Mit seinen politischen Statements polarisierte er gleichzeitig aber auch, da nicht jeder Konzertbesucher davon begeistert schien.
Konstantin Wecker scheint auf der Bühne und im Leben ein ewig Suchender zu sein, geprägt von seiner manchmal „wilden Jugend“ über seine Erfolge in den 70er und 80er hin zu seinen Skandalen in den 90ern zu einem heute gereiften Künstler, der künstlerisch immer noch auf der Suche nach einer idealen Welt ist. Mit seinen lautstarken Parolen wie
lasst den Hass besiegen mit Zärtlichkeit
unterhielt er dabei auf seine ganz eigene Weise musikalisch seine eingefleischten Fans. Der begeisterte Applaus seines Publikums würdigte damit seine musikalisch künstlerischen Darbietungen. Seine politischen Auffassungen bestimmten hauptsächlich die Richtung seines dargebotenen musikalischen Programms. Sicherlich ist es wünschenswert, wenn Künstler auf der Bühne sich zu aktuellen Ereignissen äußern. Es sollte aber kein Selbstzweck werden. Musik sollte in seiner gesamten Bandbreite vor allem eines – das Publikum unterhalten.
Konstantin Wecker hat bei seiner musikalischen Retrosperkektive in seinem Konzert in Michelstadt mit seinem ausgezeichneten Musikerkollegen/innen eine vor allem politisch orientierte musikalische Darbietung geboten, die nicht nur unterhält, sondern eben auch polarisiert.